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Tinder Fails

What can happen to lonely and heartsick women in patriarchy Pt. II

Der CTB (cuter tinderboy) stellte sich im Nachhinein als gar nicht so cute heraus. Und ich lernte ein wenig schmerzlich, dass meine bewährte Formel Körper = Kapital nicht so einschränkungslos funktionierte wie angenommen. Denn kommen zu einem normschönen Körper, einem netten Lächeln und einer „fun personality“ noch Körperhaare dazu, sieht die (Männer-)Welt (das) gleich ganz anders (aus). Frisch getrennt zurück im Tindergame wurde mir einigermaßen schnell klar, dass ich meine Nicht-Kopf-Behaarung wohl besser früher als später ins Gespräch bringe – ist logisch. Wer Haare am Körper hat, sagt das beim Dating natürlich an. Machen ja alle. Keine bösen Überraschungen und so. Stellt euch vor, am Ende steigt frau noch mit ‘nem dude ins Bett, der seine Jeans auszieht…und dann…auf seinen Beinen …der hat ja…HAARE DORT!!!!

Ihr wisst.

CTB reagierte schon beim Schreiben semibegeistert auf meine Ansage. Ach, dachte ich. Als ob sowas eine Rolle spielt, wenn mensch sich sieht und gut versteht. Geschnitten! Nach einem kurzen aber ziemlich netten Date fragte er, ob wir nicht „Freunde sein“ wollen. Ich starrte ihn ein bisschen fassungslos an. Ich für meinen Teil sah hier durchaus Potential für eine angenehme Fickfreundschaft mit nett-romantischen Vibes. Die Atmosphäre war locker, es wurde viel gelacht und sich verschmitzt angeschaut. Aber ganz offensichtlich hatte ich die Situation verschätzt. Warum er sich keinen Sex mit mir vorstellen könnte, fragte ich also. Er druckste herum und faselte was von, er sei eine „pussy“ (ah ja sehr nett danke) und würde sich immer direkt verlieben beim Sex und das wäre ja nicht was ich suchen würde blabla. Aha. Später textete ich ihm und pochte auf die Wahrheit.

Er so: I think I just don’t like hairy girls. Don’t get me wrong, I understand why you’re doing it and everything, I just don’t find it attractive. Its just a personal preference. I am sure there’s lots of men who don’t mind that.

Ich so: Fuck off, jackass!

Nee, schön wär’s. Ich tat das, was ich in solchen Situationen immer tue: Ich ging zielgerichtet in die freundlich-bestimmte Auseinandersetzung mit dem einen Mann im Raum, der Feminismus nicht begriff: Wo sei die Logik, dass Frauen sich ihre Körperhaare entfernten und Männer nicht bla, so etwas wie eine „personal preference“ gäbe es nicht, denn Schönheitsvorstellungen seien immer abhängig von und eng verflochten mit gegenwärtigen gesellschaftlichen Normen blabla, dieser allseitige Haarentferungszwang sei historisch eine völlig neue Entwicklung blablabla…Uff. Bevor ich ihn auf den Mond schoss, investierte ich eine geschlagene Stunde meines Tages nicht nur an Aufklärungs- sondern gleichzeitiger Care-Arbeit in diesen Typen. Denn grundsätzlich kann mensch sagen: Niemand lässt sich schlechter kritisieren als weiße Hetero-Cis-Männer aus dem globalen Norden. Obviously, denn – niemandem liegt die Welt mehr zu Füßen als ihnen. Also habe ich gelernt: Hier muss frau pädagogisch klug vorgehen! Jedem ernsten Kritikpunkt folgt am besten ein pat on the back. Denn sonst wird das weiße Heterojüngelchen zornig – oh-oh – und das wollen wir nicht! Wir wollen etwas verändern! Also, was lernen wir daraus? Schmalzige Kalenderweisheiten à la „Verbieg dich nicht – Es lohnt sich nicht“ sind an dieser Stelle völlig unangemessen. Im Patriarchat kommste nur soweit, wenn du dich nicht verbiegst.

Und: Eigene Körperhaare schreibt mensch in sein Tinderprofil. Aber das wussten wir ja schon.