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Emo Shit

Ich liege in Embryonalstellung weinend zwischen den Beinen einer Frau..

..und frage mich, was gerade passiert und wie ich hier gelandet bin.

Was ein Ex-Partner bis heute vehement abstreiten würde und ein anderer gern selbstironisch bewitzelte – eines haben sie alle gemeinsam: ausgeprägte mommy issues. Ich bin der Typ Frau, der beim Überqueren von vielbefahrenen Straßen Menschen am Handgelenk nimmt, ihnen im Winter die Jacke zumacht oder sie zum Wassertrinken animiert. Das ist weird, I know. Und vor allem häufiger mal ein Übergriff auf die Eigenständigkeit von (erwachsenen) Menschen. Personen, denen ihre Unabhängigkeit besonders am Herzen liegt, haben mir dafür schon zurecht auf den Deckel gegeben. Ich lerne das zu kontrollieren, aber diese Sozialisation sitzt verdammt tief (danke, Mama). Männern gegenüber sind meine mütterlichen Impulse besonders ausgeprägt – zur Freude meiner Verflossenen. Denn selfcare und ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Körper sind für viele Männer maximale Fremdworte und dies eint auch meine Ex-Partner. Während ich also zu ausreichend Schlaf, limitiertem Drogenkonsum, ausgewogener Ernährung oder regelmäßigen Ruhephasen animierte, schlugen sich diese Dynamiken noch auf einer ganz anderen Ebene nieder: Körperlichkeit.

Kuscheln ist mir sehr wichtig und wurde in all meinen romantischen Beziehungen extensiv gelebt. Aber nicht irgendwie. Genauso wie Sex denke ich Kuscheln im Schema von Herrschaft und Beherrschung, in der Unterscheidung von Geben und Nehmen. Meine Kuschelposition in romantischen Beziehungen kristallisierte sich früh heraus: Ich breitete die Arme aus für den sonst so starken Mann und endlich, endlich(!) durfte er mal schwach sein. Was für ein Klischee. Aber für die Typen in meinem Leben funktionierte das perfekt. Ich wusste, wie ich Männer zu halten, welche Berührungen ich zu machen, welche zärtlichen Worte ich zu flüstern hatte – und die Typen schmolzen in meinem Arm dahin wie Kleinkinder an der Brust ihrer Mutter. Schliefen in meiner Umarmung ein, schnarchten und sabberten dabei friedlich vor sich hin. In meinem Erwachsenenleben bin ich vielleicht zwei Mal im Arm eines Mannes eingeschlafen und das auch bloß, weil sehr bekifft. Jaja, Kontrollissues, schon klar. Aber ist nicht so, als möchte ich zur Abwechslung nicht auch mal das T-Shirt eines Mannes in glücksseliger Schläfrigkeit mit Speichel wässern. Solche Momente musste ich in meinen Beziehungen jedoch fast kämpferisch einfordern und sie waren bloß Quid pro quo zu haben. Zur Abwechslung mich zu kuscheln hatte dann teilweise wenig mit meinen Bedürfnissen und mehr mit der Beruhigung des männlichen Egos zu tun: Ja, ich bin ein toller großer Löffel, ja, ich bin ein richtiger Mann. Diese atmosphärische Mischung aus Pflichtbewusstsein und Egopush ließ mich nie zu diesem säuglingsähnlichen Etwas im Arm eines Partners werden. Die Kontrolle vollkommen abzugeben schien keine realistische oder gar gewünschte Option, also ließ ich es bleiben. Ein kleiner Teil meines Kopfes blieb in jeder noch so schönen Umarmung wachsam.

Heute macht mich das sehr traurig. Denn ich liege im Schoß einer Frau, bekomme sanft den Kopf gekrault und verteile, wenn schon keinen Speichel, dann immerhin ein paar Tränchen in der Jogginghose meiner Freundin. Ich spüre, wie schwer mir das Loslassen fällt und was das gleichzeitig für ein verdammter Balsam für meine Seele ist.